- Gestern und die DNA
Wir sind in einer sehr traditionellen Branche unterwegs, mit keiner sehr hohen Innovations- und Veränderungsrate, in der Hierarchiedenken nach wie vor selbstverständlich ausgeprägt ist. Das gibt ja auch Sicherheit und Verlässlichkeit. Es wird zwar viel über Agilität und Neue Arbeitswelten etc. gesprochen, das Geld dafür ist da, um Büros modern und schick zu gestalten … aber wirkliches Empowerment der Mitarbeitenden findet nicht statt. - Was ist passiert?
Auch bei uns hat der Fachkräftemangel Einzug gehalten. Azubi-Stellen konnten nicht besetzt werden bzw. Auszubildende haben uns nach Abschluss der Prüfung verlassen, weil sie bei uns nicht die spannenden Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten gesehen haben, die sie sich wünschten. Die Organisation war zu starr, hierarchie-dominiert, den jungen Leuten nicht angemessen. Sie hatten „keine Lust“ auf diese Kultur und diese Haltung. Ihre eigene Meinung sollte etwas zählen. Parallel gab es – nach vielen Jahren des organischen Wachstums – einen Stillstand in den Zahlen des Unternehmens und geringere Wachstumsraten als im Markt. - Was haben wir gemacht?
Es gab einen Wechsel im Vorstand und der Vorsitz wurde von einer Frau wahrgenommen – ein absolutes Novum. Sie ist ins kalte Wasser gesprungen und hat eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt, bis hinunter auf die Abteilungs- und Teamebene. Jede Führungskraft hat Feedback bekommen, und vor allem der Vorstand. Die Ergebnisse sind ausführlich in den Abteilungen und Gruppen reflektiert und diskutiert worden. Eine wesentliche Konsequenz war ein breites Führungskräfte-Entwicklungsprogramm und ein Feedbackprozess, unterstützt durch Trainings für wirklich alle Mitarbeitenden. Der Vorstand ist vom 5. Stock ins Erdgeschoss gezogen, in ein Großraumbüro mit offenen Türen, nicht weit entfernt von der Kantine. Eigentlich musste da jeder und jede einmal vorbei. Die Führungskräfte haben sich in Teams zusammengefunden und sich ebenfalls Büros geteilt. Das waren echte Zeichen an die Belegschaft. - Wo stehen wir heute?
Der Prozess hat drei Jahre gedauert, wir haben uns signifikant verändert und arbeiten weiter daran. Es erfordert Disziplin und fortwährende Reflexion, nicht in alte Muster zurückzufallen. Die Teamleiter und -leiterinnen haben mehr Verantwortung bekommen, entscheiden mehr selber, das war ein großer Lernprozess. Natürlich „vermarkten“ wir diese Maßnahmen nach außen und gewinnen mittlerweile viel leichter neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und vor allem Auszubildende. Jeder und jede unterschreibt am Anfang „einen Kontrakt“: Was ist mein Beitrag zum kulturellen Change, und woran kann ich ihn messen? Und wir wachsen wieder, dank einiger neuer Produkte, die in den Teams entstanden sind. - Unsere Erfolgsfaktoren!
Empowerment der Mitarbeitenden, neue Führungsrollen und ein offeneres Klima in den Teams und teamübergreifend: Die Ideen der Mitarbeitenden werden ganz anders genutzt und umgesetzt. Wir sind marktfähiger geworden, als gesamtes Unternehmen, und viel, viel attraktiver auf dem Arbeitsmarkt.
Wir sind zu starr geworden